Projektablauf

Vorbereitungs- und Planungsphase (Juli bis Dezember 2010)

  • Konstituierung der Arbeitsgruppe Modulentwicklung

  • Vorbereitung und Durchführung einer ersten überregionalen Fachtagung

  • Abstimmung der wissenschaftlichen Begleitung

  • Aufnahme des Kontaktes zu strategischen Partnern: Projekt „Brückenjahr“; NIFBE, LAG Erzieherfachschulen

  • Kontakt mit ähnlichen Projekten in Hamburg und Frankfurt

  • Bewerbung um Anerkennung als Dekade-Projekt



Quelle: Flickr.com - Fotostream von UN-Dekade "Bildung für nachhaltige Entwicklung"


Erarbeitungs- und Planungsphase (Januar bis Dezember 2011)

  • Konkrete Ausarbeitung von 6 BNE-Modulen in sog. „Entwicklungswerkstätten“

  • Einrichtung und Pflege einer Projekthomepage

  • Vorbereitung und Durchführung einer zweiten überregionalen Fachtagung

  • Planung und erste Vorbereitung der Veranstaltungen der Verbreitungsphase


Verbreitungsphase (Januar bis September 2012)


Projektergebnisse (September 2012)

Die Bedeutung frühkindlicher Bildung ist in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus
gerückt. Dabei werden vermehrt gesellschaftliche Fragestellungen in der frühpädagogischen
Arbeit aufgegriffen. Dazu gehört als eine der bedeutendsten Zukunftsaufgaben die Bildung
für nachhaltige Entwicklung.
Der Begriff einer Bildung für nachhaltige Entwicklung ist nicht so eingängig, dass er in
Kindertagestätten, Grundschulen und Fachschulen der Erzieherinnenausbildung konsequent
Eingang gefunden hat, wenn gleich viele Aktivitäten und Projekte in diesen Einrichtungen
durchaus Ansätzen und Prinzipien einer Bildung für nachhaltige Entwicklung entsprechen.
Bildung für nachhaltige Entwicklung umfasst verschiedene „Lernbereiche“, neben der
Entdeckung der Welt, naturwissenschaftlicher Bildung, der Gewinnung von
Sprachkompetenz und Kommunikation geht es auch um eine Wertevermittlung, für die
geeignete Methoden wie das Philosophieren mit Kindern und das Vorleben in den
Einrichtungen der frühkindlichen Bildung sowie im Elternhaus von Bedeutung sind.
In der Auseinandersetzung mit zukunftsrelevanten Themen wie Artenvielfalt, Wasser,
Boden, Essen, Kleidung und Konsum am Beispiel Spielen können Kinder ihre Fähigkeiten
zu Partizipation und Empathie stärken und erleben, dass ihr Handeln von Bedeutung ist.
Wichtig ist, an die Lebenswelt der Kinder und deren Fragen anzuknüpfen.
Von daher galt es im Rahmen des Projektes „Nachhaltigkeitsbildung als Grundbaustein
frühkindlicher Bildung im Übergangsbereich von Kindertagesstätten und Grundschulen“,
verschiedene Bildungseinrichtungen wie Kindertagesstätten, Grundschulen und Fachschulen
der Erzieher/innenausbildung zusammen zu bringen, um gemeinsam Elemente der
Nachhaltigkeitsbildung in Kindertagesstätten und Grundschulen zu verankern.
Das Projekt „Nachhaltigkeitsbildung als Grundbaustein frühkindlicher Bildung im
Übergangsbereich von Kindertagesstätten und Grundschulen“ wurde in dem Projektzeitraum
01.07.2010 – 30.09.2012 durchgeführt und von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt
gefördert.
Zur Umsetzung des Projektes hat sich eine Arbeitsgruppe „Modulentwicklung“ mit Vertretern
der Fachschulen der Erzieher-/innenausbildung, der Grundschulen und der Kindertagesstätten
gebildet (s. Anhang Mitglieder der Arbeitsgruppe Modulentwicklung). Die Arbeitsgruppe
„Modulentwicklung“ hat sich zu 10 Workshops getroffen, um 6 Module zu den Themen
„Wasser“, „Boden“, „Artenvielfalt“, „Kleidung“, „Essen“ und „Spielen“ zu entwickeln, die im
Vorschulbereich der Kindertagestätten und in der 1. und 2. Klasse der Grundschule
eingesetzt werden können.
Bei der Konzeption der Module haben sowohl die vier Dimensionen einer Bildung für
nachhaltige Entwicklung (ökologische, ökonomische, soziale und kulturelle Dimension)
Berücksichtigung gefunden, als auch eine Orientierung an den Prinzipien einer Bildung für
nachhaltige Entwicklung wie Situations-, Handlungs- und Partizipationsorientierung und die
Orientierung an Ganzheitlichkeit, Selbstorganisation und Kooperation (vgl. Deutsche
UNESCO-Kommission 2011). Es wurden Möglichkeiten gesucht, bei der Auseinandersetzung
mit den Themen Boden, Wasser, Artenvielfalt, Essen, Kleidung und Spielen den 5-7jährigen
Kindern ein körperliches Begreifen als Basis für Denk- und Lernprozesse zu ermöglichen,
d.h. beispielsweise Bodenproben in ihrer Unterschiedlichkeit zu ertasten oder Wassereimer
zu tragen- so wie viele Kinder auf der Welt zu Beginn eines jeden Tages.


                           

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe „Modulentwicklung“ untersuchen Kompost im Rahmen des Workshops „Boden“.

Als Grundlage für die Projektarbeit wurden zwei Fachtagungen durchgeführt. Dabei standen
Methoden einer Bildung für nachhaltige Entwicklung für 5-7-jährige Kinder sowie Projekte mit vergleichbaren Schwerpunkten im Fokus. Zur Erprobung der Module sind 15 „Entwicklungs-werksstätten“ mit Kindern von Kindertagesstätten und Grundschulen durchgeführt worden. An den „Entwicklungswerkstätten“ beteiligt waren die Grundschule und der Kindergarten Bockhorst, die Grundschule und der Kindergarten Peheim, die Grundschule St. Michael
und die Kindertagesstätte/Familienzentrum St. Michael (Papenburg), die Grundschulen  Holtermoor und Ostrhauderfehn, die Grundschule Heede und der Kindergarten St. Amandus (Papenburg-Aschendorf).


         Entwicklungswerkstatt

Entwicklungswerkstatt Spielen in der Grundschule Peheim: Damit spielen Kinder woanders auf der Welt.


Mit den Erfahrungen aus den Entwicklungswerkstätten wurden die Module erneut überarbeitet und für den Materialband zusammengestellt. Im Rahmen von drei Seminaren, zu denen jeweils Erzieher/innen und Grundschullehrer/innen eingeladenwaren, sind die Module vorgestellt, ausprobiert und im Hinblick auf ihre Praxistauglichkeit diskutiert worden.

Da auf Seiten der Fachschulen ein großes Interesse an Fortbildungen für Fachschüler/innen
zu dem Thema Nachhaltigkeitsbildung bestand, wurden weiterhin 5 Fortbildungen
gemeinsam mit Fachschulen durchgeführt.


                           

Die Fachschülerinnen der HBS-Nordhorn erproben Spiele zu Themen der Nachhaltigkeit.


Die wissenschaftliche Begleitung erfolgte durch Frau Prof. Edita Jung und Frau Sabine Schaaf von der Hochschule Emden/Leer. Frau Schaaf hat im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung ihre Bachelorarbeit (siehe weiter unten oder hier) zu dem Thema „Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Ausbildung für frühpädagogische Fachkräfte-Überlegungen zu methodischen Schritten einer Implementierung“ verfasst. Der vorliegende Materialband soll deutlich machen, dass Bildung für nachhaltige Entwicklung kein neues zusätzliches Thema in Kindertagesstätten, Grundschulen und  Fachschulen der Erzieher/innenausbildung ist, sondern sich als übergreifendes Prinzip auf vorhandene Themen und Inhalte anwenden lässt. Die vorgeschlagenen Einheiten zu den Modulen Essen, Kleidung, Spielen, Boden, Wasser und Artenvielfalt können einzeln, komplett oder durch eigene Ideen der jeweiligen Einrichtungen erweitert durchgeführt werden.

Auf Schnittstellen zwischen einzelnen Modul-Themen wird im Text aufmerksam gemacht.
Die beschriebenen Einstiegsmöglichkeiten in das Modul Thema sind als eine von vielen
Möglichkeiten zu sehen, an deren Stelle ebenso Fragen der Kinder stehen können.
Erzieher/innen, Grundschullehrer/innen und Fachschullehrer/innen sollen mit diesem
Materialband zur Umsetzung nachhaltiger Bildung in der Praxis angeregt werden. Allen
Beteiligten, insbesondere den Kindern, sei viel Spaß beim Ausprobieren gewünscht!
Den Teilnehmerinnen der Modul Arbeitsgruppe und der Entwicklungswerkstätten einen
herzlichen Dank für ihr Engagement!

Der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gilt unser Dank für die finanzielle Förderung und gute
Zusammenarbeit!


Kirsten Kuhlmann

Hinweis: Den Materialband zum Projekt können Sie hier bestellen.
                Er steht Ihnen aber auch hier zum Download als PDF zur Verfügung.

                                             

,,Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Ausbildung für frühpädagogische Fachkräfte - Überlegungen zu methodischen Schritten einer Implementierung´´

von Sabine Schaaf

„Menschen sind keine Fässer, die gefüllt, sondern Flammen, die entzündet werden wollen“.
So formulierte schon Rabelais vor mehr als 500 Jahren einen Leitgedanken, der in der
heutigen Zeit für eine Bildung für nachhaltige Entwicklung stehen könnte. Diese stellt
innerhalb der pädagogischen Fachwelt derzeit eines der aktuellsten The¬men dar, die
Diskussion um nachhaltige Entwicklung hat mittlerweile bereits alle gesellschaftlichen
Bereiche durchdrungen. Spätestens seit der Konferenz Rio20+, die in diesem Jahr stattfand,
wird zunehmend die Dringlichkeit einer Bildung für nachhaltige Entwicklung deutlich – die
dort gezogene Bilanz der letzten 20 Jahre ist erschütternd, weder das Wald noch
das Artensterben konnte reduziert werden, der CO2 Ausstoß ist so hoch wie noch nie zuvor.
Trotz dieser Aktualität und Relevanz hat eine Bildung für nachhaltige Entwicklung bisher
kaum Eingang in die Ausbildung frühpädagogischer Fachkräfte in Niedersachsen
gefunden – einzig und allein im Fach Politik wird Nachhaltigkeit explizit als Unterrichtsinhalt
angesprochen. Im eigentlichen Sinne ist dies jedoch kaum verwunderlich, denn die
Rahmenrichtlinien für den berufsspezifischen Unterricht für die angehenden Erzieher und
Erzieherinnen wurden letztmalig 2002 aktualisiert. Neue Erkenntnisse der Pädagogik der
letzten 10 Jahre warten also auf ihr berechtigtes Entree in das Curriculum. Dabei finden sich
gerade für eine Bildung für nachhaltige Entwicklung vielfältige Ansatzpunkte innerhalb der
Rahmenrichtlinien, sowohl im allge¬meinbildenden, als auch im berufsspezifischen
Unterricht. Wie bereits erwähnt sind im allgemeinbildenden Bereich vorrangig Politik,
Religion und Deutsch zu nennen, innerhalb derer sich Bildung für nachhaltige Entwicklung
inhaltlich verankern lässt. Konkrete Implementierungsmöglichkeiten ergeben sich in allen
Lernfeldern der Fachschule Sozialpädagogik, die sich wie folgt gestalten:
• Pädagogische Konzeptionen erstellen & Qualitätsentwicklung sichern
• Teamarbeit gestalten und mit Familien kooperieren
• Die berufliche Identität ausbauen und professionelle Perspektiven entwickeln
• Beziehungen gestalten und Gruppenprozesse begleiten
• Bildungs & Entwicklungsprozesse erkennen, anregen und unterstützen
• Musischkreative Kompetenzen weiterentwickeln und Medien gezielt anwenden
• Mit Kindern und Jugendlichen Lebenswelten strukturieren & mitgestalten
• Kinder und Jugendliche in besonderen Lebenssituationen erziehen, bilden und betreuen
Da Bildung für nachhaltige Entwicklung ein Themenfeld darstellt, dass keinesfalls nur
ökologische Aspekte aufweist, sondern vielfältige Auseinandersetzungsmöglichkeiten bietet,
zeigt sich hier auch die Chance für die Berufsausbildung. So können in den vielfältigen und
thematisch breit angelegten Lernfeldern alle Kernthemen einer Bil¬dung für nachhaltige
Entwicklung, wie eigener Konsum und Lebensstil, Ernährung, Mobilität & Verkehr, Wasserund
Energieverbrauch, Klima, Gesundheit, Gerechtigkeit, kulturelle Vielfalt und Partizipation
Eingang in den Unterricht finden.
Dennoch muss in diesem Kontext eines festgehalten werden – Bildung für nachhaltige
Entwicklung darf nicht nur in Form konkreter und expliziter „Angebote“ in die Ausbildung
frühpädagogischer Fachkräfte implementiert werden, eine solche Form würde ihr in keiner
Hinsicht gerecht. Vielmehr muss eine Implementierung stattfinden, die den gesamten
Schulapparat durchdringt und dabei synchron konkrete Auseinandersetzung mit nachhaltiger
Entwicklung für die Schüler schafft.

Eine „Erziehung zu nachhaltigem Verhalten“ darf dabei jedoch nicht Ziel von Lehrund
Lernprozessen in der Fachschule sein, frei nach Rabelais sollten also viel eher die
„Flammen“ der Schüler entzündet werden. Maßgeblich ist dabei die Motivation zu wecken,
sich überhaupt mit Themen nachhaltiger Entwicklung auseinander zu setzen. Dabei sollten,
wenn möglich, spezifische Kompetenzen und Wertehaltungen, die für eine Bildung für
nachhaltige Entwicklung von Bedeutung sind, in dem Curriculum der Fachschule erwähnt
werden und methodisch und didaktisch von Lehrern in adäquater Form an die Schüler
weitergegeben werden. Besonders der Erwerb von Gestaltungskompetenz ist in diesem
Zusammenhang hervorzuheben. Diese beschreibt die Fähigkeit, Kenntnisse über
nachhaltige Entwicklung anzuwenden und Probleme nicht nachhaltiger Entwicklung
erkennen zu können. Hier wird also deutlich, dass nicht zu nachhaltigem Verhalten hin
erzogen wird, sondern die Motivation geweckt werden soll, sich mit Themen der
Nachhaltigkeit auseinander zu setzen. In diesem Kontext spielt auch besonders die Reflexion
eine große Rolle, so sollten Werte unbedingt einer Reflexion unterliegen, aber auch zum
Beispiel die Folgen nichtnachhaltigen Verhaltens können dabei beleuchtet werden. Bezogen
auf die spätere Berufstätigkeit der Auszubildenden sollten auch praktische Anregungen und
der Erwerb von Basiswissen bei einer Bildung für nachhaltige Entwicklung eine Rolle spielen,
damit diese auch Eingang in die Praxis findet. Somit sind mehrere Ziele einer Bildung für
nachhaltige Entwicklung in der Fachschule zu skizzieren. Diese sind im Besonderen dafür
nötig, dass die heutigen Schüler in ihrer späteren Berufslaufbahn selbst kreative
Handlungsansätze und Umsetzungsmöglichkeiten entwickeln können.
Da mittlerweile durch zahlreiche Studien bekannt ist, dass sich der Kausalzusammenhang
von Umweltwissen → führt zu positiven Umwelteinstellungen → … führen zu positiven
Umweltverhalten nicht bilden lässt, kann eine reine Wissensvermittlung nicht Ziel einer
Bildung für nachhaltige Entwicklung sein. Ein möglichst hoher Praxisanteil, durch den die
Schüler größtmögliche Selbstaktivierung erfahren ist dabei von besonderer Bedeutung. Die
Schaffung einer Lernumgebung, in der die Schüler durch Erfahrung lernen können ist nur
konsequent, wenn der Pädagogik ein Menschenbild zu Grunde liegt, bei dem Lernprozesse
immer Selbstbildungsprozesse sind, die vom Individuum ausgehen und nicht oktroyiert
werden können. Hierbei stellt sich innerhalb eines Schulapparates die Krux – einerseits soll
möglichst viel praktisch umgesetzt werden, auf der anderen Seite muss dem System Schule
an sich Rechnung getragen werden, das nun mal zum großen Teil aus klassischem
Unterricht besteht. Es hat sich herausgestellt, dass dieser möglichst hohe Praxisanteil in die
Rahmenbedingungen einer Berufsschule durch Projekte, Ausflüge und Hospitationen
beispielsweise in Form von Wahlpflichtangeboten, Praxisseminaren oder Projektwochen
implementieren lässt. Dennoch ist der klassische Unterricht an den Fachschulen keinesfalls
als negativ zu erachten, hier ergeben sich für das Lehrpersonal viele Chancen in Interaktion
mit den Schülern zu treten und durch Methodenvielfalt Inhalte in einer Form weiterzugeben,
die für alle interessant ist und gleichermaßen zu Selbstaktivierung führen kann. Auch wenn
es derzeit noch an Impulsen und Literatur aus der Fachwelt fehlt, die sich mit der Ausbildung
frühpädagogischer Fachkräfte in Hinblick auf eine Bildung für nachhaltige Entwicklung
beschäftigen, bleibt zu konstatieren, dass aufgrund der Relevanz einer nachhaltigen
Entwicklung eine Dynamik zu erwarten ist, so dass dieser auch in Fachschulen weit größere
Bedeutung zukommen wird. Die Rolle des pädagogischen Personals bei einer Bildung für
nachhaltige Entwicklung kann kaum überschätzt werden – werden dort schließlich die
„späteren Schüler“ in einer ihrer wichtigsten Entwicklungsphasen begleitet und wegweisende
Grundsteine für weitere Wertebildungsprozesse und die eigene Bildungslaufbahn gelegt.